Delitzsch. Zwölf junge Slowaken, Schüler des Gymnasiums Andrej Sladkowics in Banska Bystrica, werden am Sonnabend als Gäste des Christian-Gottfried-Ehrenberg-Gymnasiums erwartet. Ein Gegenbesuch, denn Ende Juni, unmittelbar vor den großen Sommerferien, weilten zwölf Gymnasiasten aus Delitzsch in die Tatrastadt.
Montag in der Früh muss Caroline Büttner noch eine Deutsch-Klausur absolvieren, „eine ganz wichtige für die Jahreszensur“, wie die Gymnasiastin der 11. Klasse betont. Unmittelbar danach verwandelt sie sich in eine Reisebegleiterin. Wie auch Deutsch- und Geschichtslehrerin Birgit Rhein sowie Deutsch- und Englischlehrerin Heidrun Totzauer. Die Schulleitung hat das Trio für die Betreuung der slowakischen Gäste freigestellt.
In den Händen dieses dreiblättrigen Kleeblatts und natürlich der Gasteltern liegt das Gelingen der Delitzscher Tage der jungen Slowaken. Denn wohnen werden Mario, Martin und die übrigen Gäste aus dem südlichen Osten Europas in hiesigen Familien. Letztere werden sich anstrengen müssen, denn die „Ehrenberger“ erlebten in der Slowakei eine Gastfreundschaft, „die bis heute nachwirkt und begeistert“, wie Heidrun Totzauer in ihrer Klasse festgestellt hat. Die Schüler hätten die Wärme und die Offenheit ihrer Gastgeber-Familien beeindruckt. „Oft sind es die ganz kleinen Gesten, die haften geblieben sind. Einer hat erzählt, dass er aus Großmutters Tasse trinken durfte – eine Ehre für den Gast der Familie.“ Mit Bauchschmerzen sei mancher hingefahren, doch mit ganz anderen Eindrücken zurückgekehrt. „So werden Vorurteile abgebaut, da bleibt was im Herzen“, urteilen die Pädagoginnen Totzauer und Rhein. Solche Erlebnisse seien wichtig, „damit man nicht so widerstandslos ist gegen weit verbreitete Bilder“. In der Slowakei oder anderen Ländern des früheren Ostblocks sei heutzutage alles schmutzig und unordentlich, werde oft gesagt. Die Delitzscher hätten etwas ganz anderes erfahren.
Besonders intensiv haben sich die Banska-Bystrica-Tage Birgit Rhein eingeprägt. Die Lehrerin hatte die jungen Delitzscher in die Tatrastadt begleitet und die Freude des dortigen Schulleiters über den zu Stande gekommenen Schüleraustausch registriert. Die Nordsachsen besichtigten das in den 80er-Jahren als Pionierpalast erbaute Sladkowics-Gymnasium der Slowaken, in dem gerade bei laufendem Unterricht die Fenster ausgetauscht wurden. Als die beiden jüngsten aus der Delitzsch-Delegation, Laura und Annika, ihre Schule mit einer Power-Point-Präsentation vorstellten, fanden sich außer den unmittelbaren Gastgeber-Schülern 25 weitere Mädchen und Jungen aus anderen Deutsch-Klassen des Sladkowics-Gymnasiums ein.
Der Reisebericht der Loberstädter erzählt vom Besuch der einzigartigen, ohne einen einzigen Nagel erbauten Holzkirche in Hronsek, vom Weben, Töpfern und Sägen in einem handwerklichen Museum, von Wanderungen durch die bergige Landschaft und vom Besuch des Museums des slowakischen Nationalaufstandes 1944, der „zum nachdenklich stimmenden Erlebnis wurde“. Dass sie das alles genießen konnten, verdanken die Delitzscher nicht zuletzt dem Förderverein ihres Gymnasiums. „Denn die Fahrt dorthin war mit nicht geringen Kosten verbunden“, rechnet Birgit Rhein vor. 200 Euro pro Busreise-Teilnehmer hatte sie zunächst veranschlagt, „denn ob wir Fördermittel bekommen, war absolut unklar“. Dann half der Verein bei dem Projekt, überwiesen manche Eltern deutlich mehr. Aus einem versuchten Briefwechsel, zu dem Kontakte zwischen Lehrerinnen in Delitzsch und Banska Bystrica angeregt hatten, war vor zwei Jahren nichts geworden. Mit der persönlichen Begegnung klappt es nun besser.