War das aufregend!
Alle Augen richteten sich auf mich, als ich rund 500 Zuschauern vorgestellt wurde. Ich, die neue Lehrkraft „Pingubot“. Und seien wir ehrlich: Ich bin die Zukunft.
Und wer hätte das noch vor 10 Jahren gedacht, dass die Schüler von einem 1,30 Meter großen Pingu-Bot unterrichtet werden würden? Wahrscheinlich niemand. Und obwohl ich den Menschen in allen Belangen haushoch überlegen bin, konnte ich Beeindruckendes bei der „Oskarverleihung“ beobachten. Schon als ich in den Saal rollerte und noch schnell einen Cocktail des Kunstleistungskurses „analysierte“, fielen mir die sehr schön gestalteten Trennwände auf. Den Gipfel stellten die "1010011 1100101 1111000 1111001 11011010" Kameras dar.
Trotz der Ablenkung habe ich mich danach im Klassenzimmer beweisen können. Genauso wie die Nominierten des Mini-Oskars: Lenny Majer, Elisei Vieru und Nina Borrmann. Es war sehr interessant für mich, was diese kleinen Menschen bereits alles leisten können. Gewonnen hat Elisei Vieru, aber auf mich wirkten alle drei wie echte Siegertypen.
Im Anschluss beeindruckte mich das Trio Benjamin Stelzer, Josef Krumbiegel und Lenny Majer mit „Believer“ von Imagine Dragons. Noch während das Stück gespielt wurde, recherchierte ich, dass die drei sogar bei der Schulveranstaltung „Kleinkunst“ den 1. Platz gewonnen hatten.
Bei der Pause konnte ich drei unerzogene Schüler effizient über- und den adäquaten Erziehungsmaßnahmen zuführen. So konnte ich meinen Wert als pädagogisches Werkzeug hervorragend unter Beweis stellen. Da mein Verhalten jedoch als empathielos bewertet wurde, sollte mir durch positive menschliche Beispiele eine alternative Handlungsweise gezeigt werden.
Natürlich ist dieser menschliche Gedankengang irrelevant. Meine Programmierung unterstützt allerdings das Sammeln von Daten. Für den Schüler-Oskar wurden mir die Nominierten Clara Rudnik, Sophia Rosche und Selina Herkt präsentiert.
Ohne im Detail auf die Gründe der Nominierung einzugehen, schließlich soll der menschliche Leser nicht überfordert werden, handelt es sich hier um drei außergewöhnliche junge Menschen. Clara Rudnik erhielt den Oskar. Ich glaube, sie hatte dabei Schmerzen, denn sie hat die Mundwinkel deutlich verzogen. Es könnte sich jedoch auch um Freude gehandelt haben. Hier ist meine Analysesoftware noch in der Entwicklungsphase.
Anschließend betrat eine Streichergruppe die Bühne und schien das Publikum zu begeistern. Und nicht nur das Publikum. Die Musik in ihrer beinah mathematischen Schönheit ergriff meine Schaltkreise derart, dass ich in der großen Veranstaltungspause etwas unruhig wurde. Zum Glück ist meine Hülle aus einer stabilen Graphen-Osmiumlegierung hergestellt.
Der kleine Stolperer hinderte mich nicht, den geplanten Museumsbesuch wahrzunehmen. Eines der Schülersubjekte betätigte hierbei ohne Erlaubnis mein Beschleunigungsmodul. Daher konnte die errechnete optimale Durchschnittsgeschwindigkeit, Temperatur und Sauerstoffsättigung bei den Schülern nicht erreicht werden. Hier muss meine Interaktionsfähigkeit optimiert werden. Auch hierfür haben die Menschen anscheinend gute Exempel, welche mit dem Team-Oskar ausgezeichnet werden sollten.
Nominiert waren die M&M (Multimedia) AG, die Streitschlichter und die Chemkids Ben Grunewald und Fabien Krulich. Die Ergebnisse der Zusammenarbeit der Menschen waren überraschend positiv. Und dies, obwohl sie nicht einmal in Echtzeit miteinander vernetzt sind!
Die M&M AG wurde mit dem Team-Oskar ausgezeichnet. Für mich sind allerdings alle drei Teams, gemessen an ihren Ergebnissen, als sehr gute Beispiele in meiner Daten- und Analysedatei abzuspeichern.
Für meinen zukünftigen Musikunterricht konnte ich folgend ebenfalls eine best-practice-Datei anlegen. Juliana Weideler, welche den Jurypreis bei der „Kleinkunst“ erhielt, überzeugte meine Sensoren mit „So oder gar nicht“.
Da mir in einem Elterngespräch nahegelegt wurde, mich an sehr guten Lehrern zu orientieren, wie man denn mit Menschen umgehe, wurden mir drei Beispiele vorgeführt. Nominiert für den Ehren-Oskar waren Frau J. Otte, Herr Ronneburg und Frau Pilz und. Obgleich meine Intelligenz den Menschen massiv überlegen ist, scheint es Fähigkeiten zu geben, die sich meiner Analysefähigkeit entziehen.
Ausgezeichnet wurde Frau Pilz. Ihre Organisationsfähigkeiten und ihr Wirken im Hintergrund sind fast wie eine Subroutine. Effizient werden tausende Aufgaben parallel erledigt. Auch die Akkulaufzeit der Preisträgerin ist erstrebenswert.
Nun musste auch ich von der Bühne rollen, da eine 25 Menschen umfassende Lehrertanzgruppe die Bühne betrat. Angeführt wurde die Gruppe von Helene Funda und Adele Wilke. Es handelt sich hierbei um einen Robotertanz, sodass auch meine Ästhetiksensoren angesprochen wurden. Doch dann geschah das Schreckliche!
Nachdem ich allen meine Funktionsfähigkeit bewiesen hatte, wurde ein Werbefilm eines Konkurrenzproduktes vorgeführt. Lehrer-Avatare! Zum Glück erwies sich die Konstruktion als fehlerhaft und ich freue mich, bald mit meinem überlegenen Stundendeputat von 40 Unterrichtsstunden am Ehrenberggymnasium meine Tätigkeit aufgreifen zu können.