Die Jahre ab 1918 waren für den Unterricht besonders schwierig. Zunächst nahmen zwar die ehemaligen Lehrer die in den Krieg einberufen wurden ihren Dienst in der Schule wieder auf (bis auf Herrn Dominik , der nach einem Jahr Lehrertätigkeit an der Schule im Schuljahr 1913/14 im August 1914 in den Krieg ziehen musste und am 11. März 1916 fiel), aber die Umstände waren für einen geordneten Unterrichtsablauf nicht günstig.
In der strengen Kälte des Winters waren die Kohlenvorräte schnell aufgebraucht und konnten nur sporadisch ergänzt werden. Die Schüler wurden während der Unterrichtszeit zum Laubheu sammeln geschickt. Gegen Ende 1918 musste der Unterricht wegen der spanischen Grippe für mehrere Tage ausgesetzt werden, da nur noch die Hälfte der Schüler anwesend war. Für drei Monate mussten die Räume jeweils ab 12 Uhr der höheren Mädchenschule zur Verfügung gestellt werden, da in deren Gebäude ein aufzulösendes Infanterieregiment untergebracht war.
Weitere Ausfälle waren durch politische Ereignisse wie Generalstreik, Gegenstreik im März 1919 sowie Auseinandersetzungen der Arbeiter mit der Reichswehr im März 1920. Die Lage war besonders im Raum Halle-Leipzig so unsicher, dass viele Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schickten. Trotzdem bemühte sich das Lehrerkollegium den Unterricht so normal wie möglich durchzuführen. Zusätzlich zu den üblichen Klassen und Schülern hatte die Schule 1919 noch die Aufgabe zwei Lehrgänge für Kriegsteilnehmer einzurichten. Für die 44 Teilnehmer wurden noch zwei Hilfslehrer eingestellt.
Gänzlich neu für die Einrichtung war Ostern 1919 die Aufnahme von Mädchen. Ursprünglich nur als Notbehelf für Delitzscher Mädchen gedacht, die wegen der erschwerten Bedingungen ihre Schulen in Bitterfeld und Halle nicht besuchen konnten (3 in der Obersekunda, 3 in der Untersekunda und 2 Gastschülerinnen in der Unterprima) folgten weitere auch in unteren Klassen, Neujahr 1924 sogar eine Sextanerin. Turnen hatten die Schülerinnen gemeinsam mit denen der höheren Mädchenschule.
Insgesamt kann das Kollegium der Schule wohl als konservativ eingeschätzt werden. So bedauerte es Dr. Müller in seiner Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Schule, dass das große Kaiserbild sowie die Kaiserbüste aus der Aula entfernt werden mussten. Ebenso wurde die Feier des Sedanstages abgeschafft. Dafür musste eine Schulfeier am Verfassungstage begangen werden, die nur schwerlich bei den Lehrern Begeisterung hervorrief. Bedauert wurden die scharfen Vorschriften im Bereich der vaterländischen Geschichte. Auch durften die bisher genutzten Lehrbücher dafür nicht mehr verwendet werden. Der Religionsunterricht wurde freiwillig, aber unter dem Einfluss der Elternhäuser nahmen alle Schüler (bis auf einen Adventisten) weiterhin daran teil.
Begrüßt wurde die Aufwertung und positive Entwicklung bisher wenig beachteter Fächer und Einrichtungen. So wurde Turnen in den Rang eines Prüfungsfaches erhoben. Weiterhin wurden Spielnachmittage ins Leben gerufen und die Wandertage inhaltlich neu ausgerichtet. Für die Spielnachmittage musste erst eine geeignete Form gefunden werden, denn es gelang nicht einmal den Schülersportvereinen, die seit Beginn des Jahrhunderts existierten, ihre Mitglieder zusammenzuhalten. Schließlich einigte man sich auf einen Rahmen von sechs Abteilungen: Turner, Fußballspieler, Radfahrer und drei Wandergruppen. Die Wandertage wurden in Form von Besuchen in zoologischen Gärten, völkerkundlichen und anderen Museen, naturwissenschaftlichen Sammlungen, Besichtigungen in Leipzig und Halle, sowie im Winter auch Eislauf und Rodeln durchgeführt, weil das eigentliche Wandern wegen der landschaftlichen Einförmigkeit der Umgebung Delitzschs nicht gerade ersprießlich war.
Wegen der durch die Bahnfahrt bedingten Kosten konnten Schulausflüge des alten Typs (Wörlitz, Harz, Thüringen, Nürnberg, Riesengebirge, Mecklenburg und Rügen, in die Alpen) nur noch einmal im Jahr durchgeführt werden. Da Turnen jetzt Prüfungsfach war, ließ die Stadt auf Drängen der Schule und der Eltern die Turnhalle wieder Heizen, so dass auch in den Witermonaten der Turnunterricht abgesichert war.
Im naturwissenschaftlichen Unterricht wurden die physikalischen Schülerübungen in gleicher Front auch in der Untersekunda und Obertertia eingeführt. Dazu musste ein neuer Raum hergerichtet werden. Ebenfalls wurde ein neuer Schülerübungsraum für die Chemie zur Verfügung gestellt. Die bisher im Anbau untergebrachten zwei Volkschulklassen wurden in einem anderen Gebäude untergebracht. Der 1900 eingerichtete Botanische Garten stand weiter zur Verfügung, ebenfalls die Schaukästen, Aquarien und Terrarien.
Für die 1922 beantragte Einrichtung von Werkunterricht stellte die Stadt keine Mittel zur Verfügung. 1923 wurde im frei gewordenen biologischen Sammlungsraum eine Werkstatt für Papparbeiten und Buchbinden eingerichtet. Die Mittel dazu erhielt der Direktor als Spende von ehemaligen Schülern aus Anlass seines 25-jährigen Wirkens an der Schule, die sie nach der Inflation durch eine weitere ergänzten.