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Christian-Gottfried-Ehrenberg-Gymnasium

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Die Schule im Königreich Preußen, Teil 2
1882 bis 1915, von Herr Klaus-Jochen Krüger
Chronik

Realprogymnasium 1882/83

Ostern 1882 war schließlich ein einschneidendes Datum auch für die Delitzscher höhere Schule. Entsprechend den Lehrplänen und Lehrzielen erhielten alle lateintreibenden Realschulen 1. Ordnung und Höhere Bürgerschulen die Bezeichnung Realgymnasium bzw. Realprogymnasium. Das heißt, dass die Delitzscher Schule ab dem Schuljahr1882/83 die Bezeichnung „Realprogymnasium“ führte. Dies war gerechtfertigt, da dem Latein mehr Stunden eingeräumt waren und der Lehrplan der 3 unteren Klassen dem der Gymnasien völlig entsprach. Dadurch war in diesen Klassen der Wechsel vom Realgymnasium zum Gymnasium und umgekehrt ohne Weiteres möglich.

Allerdings musste die Tertia geteilt werden in die Untertertia und die Obertertia, was für den Kostenträger der Schule zusätzliche Sorgen bedeutete. Die Trennung erfolgte schrittweise in bestimmten Fächern und wurde 1892 abgschlossen. Auch in der Sekunda musste eine Aufspaltung in Untersekunda und Obersekunda erfolgen, da in der Obersekunda statt der Naturbeschreibung Chemie unterrichtet wurde und die Klasse somit in 4 Stunden getrennt werden musste. Räumlich war das unproblematisch, da die Tertien die Räume der Vorschulklassen nutzen konnten und durch die Verlegung der Bibliothek in das Dachgeschoss der zusätzliche Raum für die Sekunda frei wurde. Bedenklicher war es mit den Lehrerstellen und deren Besoldung. So wurde unter anderem eine wissenschftliche Hilfslehrestelle geschaffen, deren Besoldung niedriger lag.

Das bedeutet, dass nach 1882 die Kosten weiterhin stiegen und dem keine zusätzlichen Einnahmen entgegenstanden, da die Schülerzahl relativ konstant blieb und auch staatliche Zuschüsse weiterhin abgelehnt wurden. So ließ das Interesse an der Schule und ihrer Entwicklung allmählich nach und es kam wieder ins Gespräch, die Einrichtung an den Staat abzutreten.

Auch für diesen Abschnitt der Entwicklung soll noch einiges angemerkt werden: Zunächst einige Mitteilungen aus der Chronik des Schuljahres 1870/71:

Kurz nach Beginn der Sommerferien wurde Herr Achtert als Reservist zum Heere einberufen und hat von Anfang bis zu Ende am Kriege gegen Frankreich teilgenommen. Seine Stunden wurden von den übrigen Lehrern erteilt.

  • Montag, den 30. Januar, schulfrei aus Veranlassung der Capitulation von Paris, die auch schon am Nachmittag und Abend des vorhergehenden Tages die Schule, in Gemeinschaft mit der Bürgerschaft, gefeiert hatte, zunächst durch gemeinsame Teilnahme an der gottesdienstliche Feier derselben. Anderer Erfolge der vaterländische Waffen freute sich die Anstalt in engerem Kreise.
  • Am 3. März, dem Tage der Wahl zum deutschen Reichstage, fiel der Nachmittagsunterricht ebenfalls aus, da an diesem Tage das Telegramm Sr. Majestät des Kaisers und Königs über die Ratifikation des Friedensschlusses hier bekannt wurde. Sonst pflegt an den Tagen der Wahl zum Reichstage kein Teil des Unterrichts auszufallen.

Auch die materielle Ausstattung der Schule wurde schrittweise verbessert. So wurden zum Beispiel für das physikalisch-chemische Kabinett im Schuljahr 1876/77 folgende Geräte angeschafft: Eine Influenzmaschine mit Zubehör, ein Wasserhammer, ein galvanoplastischer Apparat, ein elektromagnetischer Bewegungsapparat, drei Geißlersche Röhren, ein Thermometer nach Celsius (Die Celsiustemperaturskala wurde erst im Jahre 1902 für den Unterricht als verbindlich erklärt.), eine Leydener Flasche.

Ein Reskript der vorgesetzten Behörde vom 20.Mai 1878 regelte die Bewertung von Verhalten und Leistungen in folgender Weise neu:

Einige weitere Bemerkungen aus der Chronik des Schuljahres 1878/79: Am Tage der Wahl zum Reichstage, zu welcher die Aula benutzt wurde, fiel der Unterricht von 10 Uhr ab aus. Einer allgemeinen patriotische Feier wegen fiel am 2. September der Unterricht aus. Die Rede bei dem in der Schule stattfindenden Teile der Feier hielt Herr Dr. Rinne. Am 22. März wird in üblicher Weise die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs stattfinden, bei welcher Herr Haacke die Rede halten wird (Beide Ereignisse wurden jährlich in der Schule gefeiert. Ein Lehrer hatte dabei eine Rede zu halten. Meist wurden die Neuzugänge dazu verpflichtet. Bei der Feier am 2. September handelt es sich um die sogenannte Sedansfeier aus Anlass des Sieges des deutschen Heeres in der Schlacht bei Sedan. Später wurde die Feier teilweise mit einem Schulausflug verbunden.).

Das 25-jährige Jubiläum

Am 21. Juni 1883 wurde das 25-jährige Jubiläum der Schule gefeiert. Die Feier fand in einem schlichten Rahmen statt. Unter den Gästen weilte auch der frühere Rektor Professor Giesel. Der Rendant der Stadtsparkasse überreichte eine prächtige Fahne. In seiner Ansprache lobte er die Anhänglichkeit früherer Schüler und würdigte die Verdienste des ehemaligen Bürgermeisters Hagedorn um die Entstehung der Schule, welcher ...



Die Eröffnung des Unterrichts zog sich bis zur Fertigstellung des Gebäudes hin und erfolgte in einer feierlichen Veranstaltung in der ebenfalls der neue Rektor und einige neue Lehrer eingeführt wurden. Näheres dazu ist in der Stadtchronik unter dem Jahr 1858 zu finden.



... „durch Fassen und Ausführen dieses Gedankens ebensoviel Mut und Tatkraft als Scharfblick und Wohlwollen bewiesen habe und dem es leider nicht vergönnt gewesen sei zu erleben, wie mannigfaltiges Widerstreben gegen dieses sein Werk sich allmählich in allgemeine und freudige Zustimmung gewandelt habe und der Dank der Bürgerschaft für seine Schöpfung von Jahr zu Jahr wärmer geworden sei“.



Auf dem Schützenplatz fanden bis gegen Abend ein Konzert und für die jüngeren Schüler Unterhaltungsspiele statt. Am Abend gab es ein geselliges Zusammensein der früheren Schüler und ihrer Gäste. Zur Übergabe der Fahne schrieb der Lehrer Herr Hanow ein Lied.



https://ugc.lotta.schule/ugc/c2ed0f1a-bb58-5891-ab3a-517ef03d13a5

Nun hebt mit der Fahne empor auch Hand und Herz

Und Dankes voll wendet die Blicke himmelwärts.

Der uns bis jetzt geführt auf sicherm Pfad,

er helfe gnädig weiter uns mit Rat und Tat



Ihr habt nicht vergessen das edle geist`ge Band,

Das einst auf der Schule Euch alle fest umwand;

Und was Zerstört im Leben auch die Zeit,

Euch blieb die schönste Tugend, die Dankbarkeit.



Des habt Ihr ein Zeichen gar würdig hingestellt,

Daß Liebe und treue wohnen auf der Welt.

Der Fahne folgt mit Augen, Herz und Sinn,

Sie weist zur Lieb` und Treue uns alle hin !



Sie wehet heut zum Feste stolz voran,

Die einig Ihr wandelt auf gleicher Geistesbahn;

Der Fahne denkt im Lebenskampf und Streit,

Sie mahne Euch zum Frieden, zur Einigkeit.



Und ruft Euch die Trommel dereinst vom Vaterhaus,

Dann folgt andern Fahnen zu Kampf und Sieg hinaus,

Wie jetzt den Blick dem Ziele zugewandt,

Kämpft tapfer treu und einig fürs Vaterland.



Verse, die wohl in diese Zeit passen und ihre Wirkung nicht verfehlten, wie später noch festzustellen ist. So konnte die Schule in den nächsten Jahren sich unter der Bezeichnung „Realprogymnasium“ der Ausbildung seiner Schüler widmen. Zu bemerken ist, dass nur ein geringer Teil der in die Sexta aufgenommenen Schüler sich den Abiturprüfungen stellten. Die Abgänge bis zur Sekunda waren doch erheblich. Das hat weniger mit den Leistungen der Schüler zu tun, als vielmehr damit, dass sich die Jugendlichen weit früher als heute üblich einer beruflichen Laufbahn zuwandten, zumal das Schulgeld ja auch nicht unerheblich war und über die Jahre hinweg entsprechend der Forderungen der vorgesetzten Behörde und sicher auch in Übereinstimmung mit dem Schulträger, der Stadt Delitzsch, erhöht wurde.



Bedürftigen und würdigen einheimischen Schülern konnte Schulgeldbefreiung bzw. Schulgeldermäßigung bewilligt werden, doch durften die Bewilligungen vier Prozent des von der Gesamtheit der Schüler zu zahlenden Schulgeldes nicht überschreiten. Ein Kuratorium hatte über die entsprechenden Anträge zu entscheiden.

Lehrpläne & Aufgaben

Die Lehrpläne waren festgeschrieben, Die Abiturthemen und Aufgaben wurden entsprechend den Vorgaben durch die Schule erstellt. Der Prüfungsvorsitzende für die mündlichen Prüfungen wurde durch das Königliche Provinzial-Schulkollegium gestellt. Die Schulausstattung wurde kontinuierlich mit zum Teil unterschiedlichen Schwerpunkten erweitert. Zum Teil erfolgte diese auch durch Spenden ortsansässiger Bürger oder ehemaliger Schüler.



Besonders bei Sachgeschenken würde man aus heutiger Sicht fragen, ob andere Dinge für die Ausbildung der Schüler nicht wichtiger seien, aber aus der damaligen nationalpatriotischen und monarchistischen Grundstimmung heraus erfüllten auch geschenkte Bilder der Kaiser (zum Beispiel im Dreikaiserjahr 1888) die Schule mit Stolz.



Leider gab es in dieser Zeit auch einige Todesfälle zu verzeichnen,insbesondere hervorgerufen durch Krankheiten wie Masern und Diphterie. So verstarb am 8. Januar 1885 der Quintaner Walther Freyberg an Masern. Im Jahre 1899 verstarb der Schüler Ernst Freyberg, der erst 14 Tage Schüler der Anstalt war. Zu seinem Geburtstag, der am 18. Juli gewesen wäre, spendete sein Vater, der Apotheker Freyberg, der Schule 1000 Mark zur Unterstützung bedürftiger Schüler (Siehe auch Spenden zu 50-jährigen Bestehen der Schule.). Daraus wurde dann die Unterstützungsbücherei geschaffen, aus der Lehrbücher an Schüler ausgeliehen wurden, deren Eltern sich deren Anschaffung finaziell nicht leisten konnten. Die vorgesetzt königliche Behörde erließ entsprechende Verordnungen, die beinhalteten, dass erkrankte Schüler bis auf weiteres zu Hause bleiben mussten, um die Ansteckungsgefahr zu verringern.



Auch hitzefrei gab es in dieser Zeit schon. So ist im Programm des Schuljahres 1892/93 vermerkt: „Während des Sommersemesters musste der Nachmittagsunterricht bzw. Mittwochs die letzte Vormittagsstunde außergewöhnlich oft übergroßer Hitze wegen ausgesetzt werden.



Im Januar 1893 empfahl das Königliche Schul-Kollegium die Umwadlung der Schule in eine lateinlose Realschule. Das löste in der Stadt kontroverse Diskussionen aus. Einerseits war man der Meinung, dass eine höhere Bildung ohne Latein keinen rechten Wert besitze. Dazu kam, dass trotz staatlicher Zuschüsse auf die Stadt mit der Angleichung der Lehrergehälter an den Normaletat von 1892 weitere Belastungen zugekommen wären. So wäre es wohl das Beste, die Schule eingehen zu lassen. Andererseits vertrat eine Gruppe, wesentlich unterstützt durch den damaligen Rektor Kayser die Meinung, dass der reale Bildungsgang den Bedürfnissen der Schüler der Stadt und des Umfeldes am Besten entsprechen würde.



Man einigte sich schließlich darauf, mit einem lateinischen Nebenkursus bis zur Quarta auch denen zu entsprechen, die weitergehende Bildungsabsichten für ihre Kinder hatten. So wurde die Schule ab dem Schuljahr 1894/95 unter der Bezeichnung „In der Umwandlung zu einer Realschule mit lateinischem Nebenkursus bis Quarta einschließlich begriffenes Realprogymnasium zu Delitzsch“ geführt. Diese Umwandlung war 1900 abgeschlossen.



Die Vorschule wurde 1895 geschlossen. Seit etlichen Jahren war die Schülerzahl dort stark zurückgegangen. Zudem gab es für diese Einrichtung keine staatlichen Zuschüsse und aus eigenen Mitteln war sie nicht zu erhalten. Da dadurch zwei Lehrerstellen frei wurden, brauchten für die Hauptanstalt keine zusätzlichen geschaffen werden. Die Obersekunda musste wieder abgeschafft werden, da bei Nichtvollanstalten die Abschlussprüfungen in der Untersekunda schon zu entsprechenden Abschlüssen führten.

Schuljahr 1899/1900

Ab dem Schuljahr 1899/1900 war die Schule dann eine „Realschule mit lateinischem Nebenkursus bis einschließlich Quarta“. Einige Abschlüsse seien hier aufgeführt: Das Reifezeugnis der Realschule (nach 6 Jahren zu erreichen) berechtigt:

Im Jahr 1902 findet man noch eine Erweiterung um einen Punkt C in dem unter anderem die Berechtigung zum Eintritt in die Obersekunda einer Oberrealschule oder in eine mittlere Fachschule vermerkt ist.



https://ugc.lotta.schule/ugc/75be265b-f54d-5e11-aa87-766da182cac2

Interessant ist in diesem Zeitraum noch, dass ab dem Schuljahr 1903/4 die neue Rechtschreibung eingeführt wurde. Professor Kayser, der die Umwandlung in die Wege geleitet hatte, konnte an deren Vollendung nicht mehr teilhaben. Ein schweres Augenleiden machte ihm zu schaffen und er schied Ostern 1898 aus dem Dienst. Im September wurde Herr Dr. Hans Wahle zu seinem Nachfolger berufen.



Der Ausbau der Schule zu einer Vollanstalt, das heißt mit einer Prima, wurde aber weiter in Betracht gezogen. Diesem Ansinnen kam entgegen, dass nach 1901 der Anerkennung der Gleichwertigkeit der von den Gymnasien, Realgymnasien und Oberrealschulen vermittelten Bildung die entsprechende Erweiterung der Berechtigungen folgte, also auch Oberrealschulabiturienten der Zutritt zu fast alle höheren Berufen ermöglicht wurde.

Petitionen 1904

Einen kräftigen Anstoß, den Ausbau in Angriff zu nehmen, gab den städtischen Behörden im Frühjahr 1904 die Bürgerschaft mit drei Petitionen mit 431 Unterschriften. Besonders der praktische Arzt, Dr. Thieme, nahm die Wünsche der Eltern auf und warb für den Ausbau zur Oberrealschule. Dazu mussten drei neue Oberlehrerstellen geschaffen und die Raumkapazitäten erweitert, sowie das Schulgeld erhöht werden.



https://ugc.lotta.schule/ugc/6121cf9c-2848-5f62-a4a4-7271beffd911

Die städtischen Behörden, besonders unterstützt durch den ersten Bürgermeister Rampoldt und den Stadtrat Freyberg, der als Kuratoriumsmitglied in näherer Beziehung zur Schule stand, entschlossen sich zur Erweiterung der Schule mit einem Anbau an das alte Gebäude. Im Herbst 1904 kam die Genehmigung der ministeriellen Behörde, so dass Ostern 1905 die Obersekunda eingerichtet werden konnte.



Der Chemie- und Physikunterricht konnte ab diesem Zeitpunkt in den umgewandelten Räumen des alten Gebäudes stattfinden* und Ostern 1906 war der Anbau soweit fortgeschritten, dass zwei neue Klassenräume und ein Zeichensaal in Benutzung genommen werden konnte.



In der Folge erhöhte sich die Schülerzahl beträchtlich, so dass die Ausstattung der Räume, die dem Charakter der Schule entsprechend nun höheren Anforderungen genügen musste, ohne größere Belastungen der Stadt in Angriff genommen werden konnte. Ab dem Schuljahr 1905/06 nannte sich die Anstalt „Oberrealschule in Entwicklung zu Delitzsch“. Schrittweise wurden Obersekunda, Unterprima und Oberprima eingerichtet und am 2. April 2008 nahm die Entwicklung ihren Abschluss mit der Anerkennung als Oberrealschule durch den Unterrichtsminister. Zu Ostern fanden die ersten Prüfungen in der Oberprima statt, nach denen die Schule 9 Schüler zum Studium an die Universität entlassen konnte.



Die Schule besuchten zu Beginn des Schuljahres 2008 269 Schüler (14 Oberprima, 14 Unterprima, 21 Obersekunda, 26 Untersekunda, 28 Obertertia, 40 Untertertia, 37 Quarta, 35 Quinta, 44 Sexta). Der Gesamtetat betrug 68 800 Mark.



Der Unterricht erfolgte in 9 Jahreskursen, wobei die beiden obersten (Ober- und Unterprima) kombiniert unterrichtet wurden. Schüler, die in ihrem späteren Studium Lateinkenntnisse nachweisen mussten, stand in der Obersekunda und in der Prima ein den ministeriellen Bestimmungen entsprechender Lateinkurs zur Verfügung. Der Ostern 1894 eingerichtet Lateinkurs für die unteren Klasse war 1904 wegen mangelnder Beteiligung nicht fortgesetzt worden. Außer der Stelle des Direktors standen der Schule 9 Oberlehrerstellen, eine Zeichenlehrerstelle und eine Elementarlehrerstelle zur Verfügung.